Freundschaft und Krebs

Ich hatte das Glück, dass ich wundervolle Freunde in meinem Leben bereits hatte, als ich die Diagnose Blutkrebs bekam. Bereits vor meiner Erkrankung habe ich Menschen aus meinem Umfeld aussortiert, die ich nicht in meiner Nähe haben wollte.

Nachdem der erste Schock verdaut war, kam der Gedanke: "Ich muss es meine Liebsten erzählen, aber wie?". Da ich es ihnen nicht persönlich sagen konnte, erzählte ich es meinen besten Freundinnen und bat sie dies allen anderen mitzuteilen. Sicherlich war es  keine leichte Aufgabe für sie, aber ich konnte es nicht jedem erzählen und es ersparte mir so viel Energie, die ich für mich gebraucht habe.

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer und ich bekam täglich mehrere von Nachrichten über unterschiedlichste Kanäle. Jede*r hat mir sein*ihr Mitleid mitteilen wollen. Bei manchen Freunden habe ich darauf gewartet, bis sie sich gemeldeten, denn ich konnte und wollte niemanden anrufen und mitteilen, dass ich Krebs habe. Es war ein wahnsinniger Schock für alle Beteiligten. Nach zwei Wochen Verkriechen im Einzelzimmer, begann ich für alle, die mich sehen wollten, Besuchstermine auszumachen. Ich kam manchmal sogar in den Stress, alle Termine unterzubekommen. Jede*r wollte mir Gesellschaft leisten und mich vom Klinik-Alltag ablenken. Das kam mir auf jeden Fall so vor, aber wenn ich heute darüber nachdenke, kommt es mir vor, dass zum damaligen Zeitpunkt keiner wusste, ob ich es überlebe und vielleicht haben manche mich zum „allerletzten“ Mal besucht oder mir eine nette hilfsbereite und allerletzte Nachricht geschrieben. Wow …Puh ..

Ich sah in der Zeit, wer meine wahren Freunde sind und wer sich nur gemeldet hat, um ein Häkchen dahinterzusetzen. Es gab die, die mir Essen gekocht oder bestellt und mitgebracht haben und die, die mich nur einmal besucht haben und nie wieder nachgefragt haben wir es mir geht. Durch den Krebs habe ich neue Freundschaften entwickelt, die ich nicht mehr in meinem neuen Leben missen möchte und die mich durch meine schlimmste Zeit getragen haben. Jeder hat ein vollgepacktes Leben mit 1000 Terminen am Tag und deshalb bin ich niemandem böse, sondern dankbar, dass ich nun wahre Freunde um mich rum habe.

Der Krebs hat mir geholfen, die Menschen auszusortieren, die nicht mehr in mein Umfeld gehören und mich mehr den Menschen hinzugeben, die für mich in den dunkelsten Tagen für mich, wie ein Leuchtturm am Horizont, das Licht gehalten haben.

Deine Julia


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Meine Leukämie- Geschichte

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Wie ich meinen Körper (wieder) zu lieben begann